Neue Studien in Nature Communications und Plant Physiology: Ein Signal aus der Wurzel steuert die Pflanzenblüte
News vom 23.09.2025
Die meisten Pflanzen blühen im Frühling, andere etwas später im Sommer und einige sind erst im Winter soweit – wann eine Pflanze zu blühen beginnt, wird durch verschiedene innere und äußere Signale gesteuert, allen voran Licht und Temperatur. Forscher:innen der FU Berlin haben zusammen mit Kolleg:innen der Universität Graz einen internen Faktor identifiziert, der reguliert, wann eine Pflanze blüht: das Pflanzenhormon Cytokinin. In zwei Publikationen, die in Nature Communications und Plant Physiology erschienen, zeigten sie, dass vor allem eine Form des Hormons aus der Pflanzenwurzel die Blüte fördert und klärten die Signalweitergabe in der Zelle auf. Die neuen Erkenntnisse sind auch mit Blick auf die Züchtung von Nutzpflanzen für die Landwirtschaft interessant. Angesichts sich verändernder klimatischer Bedingungen könnten Anpassungen des Blühbeginns zur Ertragssicherung beitragen.
Bei Blütenpflanzen ist der Übergang von der vegetativen Phase, in der nur immer neue grüne Blätter für die Energiegewinnung gebildet werden, in die Blühphase ein sehr wichtiger Schritt. Dieser will gut überlegt sein, denn von der Wahl des richtigen Zeitpunkts hängt der Erfolg der Fortpflanzung ab, erklärt Thomas Schmülling, Biologie-Professor an der Freien Universität und verantwortlicher Autor der beiden Publikationen.
Der Beginn der Blüte wird maßgeblich von äußeren Bedingungen, in erster Linie von der Temperatur und den Lichtverhältnissen beeinflusst. Hinzukommen aber auch innere steuernde Faktoren. Dazu zählt das Pflanzenhormon Cytokinin. Es hat zweierlei Wirkungen: Es fördert die Bereitschaft zur Blüte, für die Pflanzen ein bestimmtes Alter und Entwicklungsstadium erreicht haben müssen und es ist ein regulierender Faktor für den tatsächlichen Beginn der Blüte.
„Je höher der Cytokinin-Spiegel, umso schneller erreichen Blütenpflanzen das adulte Stadium, werden also gewissermaßen erwachsen. Erst wenn sie das adulte Stadium erreicht hat, können sie blühen und sich fortpflanzen“, erklärt Sören Werner, Erstautor der Studie in Nature Communications. Die Forscher:innen fanden heraus, dass Cytokinin bei diesem Prozess auf ein zweites Hormon, das Gibberellin, für die Vermittlung der Wirkung angewiesen ist. Gemeinsam fördern die beiden Hormone durch ein komplexes Netzwerk von Mikro-RNA-Molekülen und Transkriptionsfaktoren den Übergang von der juvenilen in die adulte Phase.
Die gleichen internen Faktoren sind auch beteiligt, wenn es anschließend um den Beginn der Blüte geht. Eine besondere Rolle spielen zwei kleine RNA-Moleküle, miR156 und miR172. Ihr Gleichgewicht reguliert bei Pflanzen den Alterungsprozess. Cytokinin verändert das Gleichgewicht der beiden RNA-Moleküle, was zu einer veränderten Expression regulatorischer Gene führt und damit zu einem früheren Beginn der Blüte.
„Sowohl bei langen als auch bei kurzen Tagen fördert Cytokinin die Blüte, wobei es bei nur wenigen Stunden Tageslicht besonders stark wirkt“, berichtet Isabel Bartrina, Erstautorin der aktuellen Publikation in Plant Physiology und Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe von Tomáš Werner an der Universität Graz. Prof. Schmülling ergänzt: „Den stärksten Einfluss hat eine spezifische Form des Hormons, das in der Wurzel gebildet wird: das trans-Zeatin. Ist der Transport aus der Wurzel in den Sproß gestört, verzögert sich die Blüte. Diese Ergebnisse zeigen eine überraschende und bisher wenig beachtete Rolle der Wurzeln bei der Kontrolle des Blühbeginns.“
Für ihre Untersuchungen nutzten die Wissenschaftler:innen die Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana) als Modell. Die neuen Erkenntnisse könnten aber auch der Züchtung von Nutzpflanzen dienen, deren Blühbeginn an klimatische Bedingungen oder andere Anforderungen angepasst werden soll. Sei es, um Schäden durch Spätfröste zu vermeiden oder um eine optimale Bestäubung durch Insekten zu gewährleisten.
Publikationen
Werner, S., Tarkowskà, D., Schmülling, T. (2025) Cytokinin depends on GA biosynthesis and signaling to regulate different aspects of vegetative phase change in Arabidopsis. Nature Communications 16, 6292 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-61507-5.
Bartrina, I., Werner, S., Schenke, A., Gasperini, D., Werner, T. & Schmülling, T. (2025) Root-derived cytokinin regulates flowering time in Arabidopsis thaliana through components of the age pathway. Plant Physiology 198, kiaf204. https://doi.org/10.1093/plphys/kiaf204.
Kontakt
Prof. Dr. Thomas Schmülling, Institut für Biologie an der Freien Universität Berlin, E-Mail:
tschmue@zedat.fu-berlin.de