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Werner Siemens-Stiftung fördert Chemiker Sebastian Hasenstab-Riedel und sein Team

News vom 19.04.2023

Die Werner Siemens-Stiftung (WSS) fördert den Chemiker Prof. Dr. Sebastian Hasenstab-Riedel von der Freien Universität Berlin und sein Team mit dem WSS-Forschungspreis in Höhe von einer Million Schweizer Franken (1,017 Millionen Euro). Ziel der Förderung ist es, neuartige Technologien für eine nachhaltige Ressourcennutzung zu entwickeln und zu etablieren.

Im Projekt ChemSysCon möchten Wissenschaftler der Freien Universität Berlin (Prof. Dr. Hasenstab-Riedel, Prof. Dr. Timm John und Prof. Dr. Rainer Haag) zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der Bundesanstalt für Materialforschung- und Prüfung (Dr. habil. Franziska Emmerling) und des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung (Prof. Dr. Alexander Böker) neue chemische Systeme zur Konversion nachhaltiger Ressourcen entwickeln.

ChemSysCon unter den Finalisten im Wettbewerb um das WSS-„Jahrhundertprojekt“

Das Projekt ChemSysCon ist eines von insgesamt sechs mit dem WSS-Forschungspreis geförderten Projekten aus Deutschland und der Schweiz; eingereicht wurden 123 Vorschläge. Die sechs prämierten Projekte gehören zudem zu den Finalisten im Wettbewerb um das sogenannte „Jahrhundertprojekt“ der Werner Siemens-Stiftung. Sie will damit ein WSS-Forschungszentrum fördern, in dem „Technologien für eine nachhaltige Ressourcennutzung“ erforscht und entwickelt werden. Vorgesehen ist dafür ein Finanzvolumen von 100 Millionen Schweizer Franken für einen Zeitraum von 10 Jahren. Über die Förderung des „Jahrhundertprojekts“ will die Werner Siemens-Stiftung Ende 2023 entscheiden. Die Stiftung richtet den Wettbewerb aus Anlass ihres 100-jährigen Bestehens aus.

Die Erzeugung von Chlor verbraucht viel Energie

Eine wichtige Grundlage für das nun ausgezeichnete Projekt aus Berlin ist die von Sebastian Hasenstab-Riedel entwickelte neue Chlorspeicher-Technologie. Chlor zählt zu den wichtigsten Grundchemikalien der Industrie, spielt eine wichtige Rolle in der Synthese von mehr als der Hälfte aller Produkte der chemischen Industrie und beeinflusst somit wie kein anderes chemisches Element unser tägliches Leben. Die Chlor-Herstellung ist allerdings ein äußerst energieaufwändiger Prozess – in Deutschland ist die Produktion von jährlich ungefähr 5,5 Millionen Tonnen Chlor für mehr als zwei Prozent des gesamten elektrischen Energieverbrauchs verantwortlich. Zudem ist Chlorgas giftig, und die heute übliche Speicherung sowie der Transport birgt trotz zahlreichen Regulierungen ein hohes Gefährdungspotenzial.

Durch Chlor-Speicher erneuerbare Energien zur Herstellung nutzen

Forschende um Sebastian Hasenstab-Riedel haben für dieses Problem eine Lösung gefunden: Sie entwickelten einen sehr kostengünstigen chemischen Chlorspeicher, der Chlorgas in einer ionischen Flüssigkeit unter sehr niedrigem Energieaufwand bindet und einfach und sicher auch an der Luft handhabbar ist. Diese Technologie möchte das Team nun weiter entwickeln und zur Marktreife bringen. „Ein Vorteil wäre, dass sich künftig erneuerbare Energien noch besser zur Chlor-Herstellung nutzen ließen. Chlor könnte auch in Ländern mit hoher Sonneneinstrahlung erzeugt und sicher in andere Länder zur weiteren Nutzung verschifft werden“, erläutert Sebastian Hasenstab-Riedel.

Neuartige Chlor-basierte ionische Flüssigkeiten für Recycling

Des Weiteren können diese neuartigen Chlor-basierten ionischen Flüssigkeiten auch der chemischen Aufbereitung von Abfällen dienen. In einem WSS-Forschungszentrum möchte das Team diese und andere ionische Flüssigkeiten zur Umwandlung von Bioabfällen wie Lignin verwenden, das als Nebenprodukt der Papierherstellung anfällt. Gegenwärtig wird Lignin meist immer noch verbrannt. In Zukunft könnte es aber zu neuen Grundchemikalien basierend auf nachwachsenden Rohstoffen recycelt werden. Eine weitere spannende Anwendung wäre das Recycling von Elektronikschrott, um wichtige Edelmetalle oder Seltene Erden zurückzugewinnen, wie der Chemiker weiter erklärt.

Das Team aus Freier Universität Berlin, Bundesanstalt für Materialforschung- und Prüfung und Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung kann sich Hoffnung auf eine weitere Förderung im Rahmen des WSS-Ideenwettbewerbs „Jahrhundertprojekt“ machen. Im Fall einer Förderung des ChemSysCon-Projektes durch die WSS würde Werner von Siemens erneut wichtige technologische Maßstäbe im Berliner Süden setzten. Bereits 1881 etablierte er auf eigene Kosten die weltweit erste elektrische Straßenbahn vom heutigen Bahnhof Lichterfelde-Ost bis zur Kadettenanstalt in der heutigen Finkensteinallee, nicht weit entfernt von der Freien Universität Berlin.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Sebastian Hasenstab-Riedel, Institut für Chemie und Biochemie der Freien Universität Berlin, Telefon: 030 / 838-68758 und -59860, E-Mail: s.riedel@fu-berlin.de