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Studie in „Journal of Applied Ecology“: Widerstandskraft von Savannen steigt durch Einsatz von gemischten wilden Pflanzenfressergemeinschaften

Auch Giraffen sorgen für mehr Biodiversität in Savannen.

Auch Giraffen sorgen für mehr Biodiversität in Savannen.
Bildquelle: Katja Irob

News vom 01.02.2023

Extreme klimatische Ereignisse gefährden zunehmend Savannen weltweit. Die Widerstandsfähigkeit dieser Wald-Gras-Landschaften gegenüber Dürreperioden kann allerdings mit dem Anteil wild lebender Strauchfresser – also Tieren, die sich von holziger Vegetation ernähren wie zum Beispiel Kudus, Springboks, Elands – erhöht werden. Denn damit steigt die Pflanzenvielfalt und die Funktionalität von Savannen, wie die Biologin der Freien Universität Berlin Katja Irob nun nachwies. Ihre Studie „Savanna resilience to droughts increases with proportion of browsing wild herbivores and plant functional diversity“ im deutsch-namibischen Kooperationsprojekt ORYCS ist nun im renommierten „Journal of Applied Ecology“ erschienen. Das Wissenschaftsjournal für angewandte Ökologie wird von der British Ecological Society herausgegeben und gehört zu den international führenden Fachjournalen in diesem Bereich.

Savannen ­– also Wald-Grasland- Ökosysteme mit geringer Wasserverfügbarkeit – sind bereits jetzt durch extreme klimatische Ereignisse wie Dürren gefährdet. Angesichts der enormen Ökosystemleistungen dieser Gebiete ist die Aufrechterhaltung ihrer Widerstandsfähigkeit jedoch essentiell. „Der Klimawandel wird die Widerstandsfähigkeit von Savannen zunehmend beeinträchtigen, weil er die Intensität und Häufigkeit von klimatischen Extremen wie Dürren erhöht. Das gilt besonders, wenn Dürren und nicht nachhaltige Weidehaltung kombiniert werden“, sagt die Biologin der Freien Universität Berlin Katja Irob. Aufgrund der stark schwankenden Niederschläge und der geringen Wasserverfügbarkeit in Savannen sei die landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Gebiete oft nicht möglich. Die kommerzielle Viehhaltung sei dagegen eine wichtige Einkommensquelle für den Landwirtschaftssektor im südlichen Afrika. „Die extensive Viehhaltung bietet eine gewisse Flexibilität, um sich an die anspruchsvollen und schwankenden Umweltbedingungen anzupassen, und gibt dem Weideland in Dürrejahren etwas mehr wirtschaftliche Sicherheit. Dennoch muss ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlicher Nachhaltigkeit und ökologischer Kapazität eines Weidelandes gefunden werden“, betont die Wissenschaftlerin Katja Irob.

Savannen, die von Viehzucht dominiert werden, seien durch die Dominanz von Sträuchern und dem Verlust an Gräsern gekennzeichnet, heißt es in ihrer im „Journal of Applied Ecology“ erschienenen Studie weiter. Grund dafür sei, dass Rinder bevorzugt Gräser und andere krautige Pflanzen fressen, und Sträucher dann mehr Möglichkeiten zur Ausbreitung haben. Eine verringerte Grasschicht erhöht aber das Risiko der Bodenerosion und führt zu einer verringerten Produktivität, einem veränderten Nährstoffkreislauf und einem veränderten Wasserhaushalt. Neuere Studien haben bereits darauf hingewiesen, dass die Verringerung der Weidedichte und der Einsatz von Wildtieren die Lebensraumnutzung erhöht und die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen verbessert. Katja Irob und ihr Team stellten deshalb die Hypothese auf, dass eine geringere Zahl von Weidetieren wie zum Beispiel Rinder, Ziege, Schafe, aber auch in Herden lebende Tiere wie Zebras und der stärkere Einsatz von Wildtieren wie Kudus, Elands, Oryx, Springboks, Nashörnern und Giraffen, die oft aus einer Gemeinschaft von Pflanzenfressern mit mehr Strauchfressern bestehen, zu einem ausgewogeneren System führen und somit die Widerstandsfähigkeit von Savannen gegenüber Dürren erhöhen. Darüber hinaus könnten einheimische Wildtiere zu höheren wirtschaftlichen Erträgen führen, da sie besser an widrige klimatische Bedingungen angepasst und resistenter gegen endemische Krankheiten sind als Rinder. Zudem böten Wildtiere nicht nur eine Alternative für die Produktion von rotem Fleisch, sondern ihre einzigartige Vielfalt sei auch für touristische Aktivitäten attraktiv.

In der Studie „Savanna resilience to droughts increases with proportion of browsing wild herbivores and plant functional diversity“ wurde nach Angaben von Katja Irob unter der Leitung von Prof. Dr. Britta Tietjen, Leiterin der Arbeitsgruppe „Theoretische Ökologie“, das ökohydrologische Savannensimulationsmodell EcoHyD verwendet, um festzustellen, ob die Widerstandsfähigkeit eines Savannenweidelands gegenüber langanhaltenden Dürren durch den Weidenutzungstyps (Weidevieh, gemischte Tierhaltung oder strauchfressende Arten) in unterschiedlichen Tierdichten verbessert werden kann.

„Generell stellten wir eine geringe Resilienz bei einem hohen Anteil an Weidetieren fest. Vor allem aber haben wir herausgefunden, dass die funktionale Diversifizierung von Pflanzenfressern und Pflanzen als Resilienzversicherung gegen Dürreperioden wirkt und zu einer größeren Widerstandsfähigkeit und schnelleren Erholung der mehrjährigen Gräser führt. Insbesondere ein höherer Anteil an Strauchfressern ermöglichte diese höhere Widerstandsfähigkeit“, betont die Biologin. In diesem Fall sei die Diversifizierung der Herbivoren – also der Pflanzenfresser – von hohem selbstregulierendem Wert, da sie die trophische Komplexität wiederherstellte und den Bedarf an zusätzlichen Bewirtschaftungsmaßnahmen reduzierte.

Zusammenfassend hätten die Simulationen der Forschenden gezeigt, dass Savannensysteme widerstandsfähiger gegen Trockenheit sind, wenn erstens eine dichte, mehrjährige Grasdecke erhalten bleibt, die den Oberboden vor hitzebedingten Wasserverlusten und Erosion schützt. Zweitens sei es dafür wichtig, dass der Beweidungsdruck reduziert wird. Drittens sollten Herbivorengemeinschaften auch Strauchfresser umfassen. Die Studie wurde im Rahmen des Drittmittelprojektes ’ORYCS’ (https://www.orycs.org) vom Bundesforschungsministerium gefördert und wurde von Wissenschaftler*innen aus Deutschland und Namibia durchgeführt. (cxm)

Kontakt

  • Katja Irob, Freie Universität Berlin, Institut für Biologie, Theoretische Ökologie, Königin-Luise-Straße 2/4, 14195 Berlin, E-Mail: irob.k@fu-berlin.de

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