Haberlandt-Vorlesung: Forschungsabenteuer mit Happy End für die Natur
News vom 27.04.2022
Eine spannende Story über Wissenschaft und Umweltschutz war Thema der diesjährigen Haberlandt-Vorlesung zu Ehren des Botanikers Gottlieb Johann Friedrich Haberlandt am Institut für Biologie. Dirk Prüfer, Professor für Biotechnologie der Pflanzen an der Uni Münster, berichtete, wie er mit seinem Team über 15 Jahre beharrlich und schließlich erfolgreich daran forschte, den begehrten Naturkautschuk aus dem „Russischen Löwenzahn“ zu gewinnen und für die industrielle Produktion nutzbar zu machen.
Rohstoffhunger zerstört die Umwelt
Naturkautschuk ist für die Herstellung vieler Gummiprodukte unverzichtbar. Bisher wird der weltweit wachsende Bedarf aus dem Kautschukbaum gewonnen, der in tropischen Regionen in großen Monokulturen angebaut wird – begleitet von Umweltzerstörung, Rückgang der Artenvielfalt und niedrigen sozialen Standards für Arbeiter*innen auf den Plantagen.
Reise durch historische Archive
Dirk Prüfer interessierte sich schon als Kind für die wandelbare Löwenzahn-Pflanze und nahm gleich zu Anfang seiner wissenschaftlichen Karriere die komplexe Herausforderung an, sie für die Kautschukproduktion zu erschließen. Da der einheimische Löwenzahn für die Verwertung zu wenig Latex enthält, führte ihn sein Weg durch historische Archive mit Aufzeichnungen über Forschungsprojekte in der Sowjetunion unter Stalin und in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus, durch die Botanischen Gärten Europas und schließlich in die Heimat des Russischen Löwenzahn nach Kasachstan. Von dort importierte Pflanzen optimierte er gemeinsam mit seinem Team, Züchtern und dem Reifenhersteller Continental in einem langwierigen Prozess.
Wissensbasiertes Züchtungsprogramm bringt Erfolg
Durch die Aufklärung der molekularen Grundlagen der Biosynthese von Naturkautschuk, gepaart mit einem wissensbasierten Züchtungsprogramm und der Etablierung eines umweltfreundlichen Extraktionsverfahrens ist es ihm gelungen, den Russischen Löwenzahn als alternativen Rohstofflieferanten zu etablieren. In Mecklenburg-Vorpommern wird die neue Nutzpflanze inzwischen angebaut, geerntet und aufbereitet. Der Industriepartner Continental hat voll funktionstaugliche Prototypen für PKW- und LKW-Reifen daraus hergestellt, ein Fahrradreifen ist bereits auf dem Markt erhältlich. Für diesen wegweisenden Beitrag zur Nachhaltigkeit wurde Dirk Prüfer für die Endrunde im Deutschen Zukunftspreis 2021 nominiert.
Wer die Haberlandt-Vorlesung mit Dirk Prüfer verpasst hat, findet die Story inklusive Video und Podcast auf den Seiten der Universität Münster: