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3) Herkunftskategorien definieren

Um eine Referenzdatenbank aufzustellen, muss klar sein, wer dafür ausgewählt wird. Das beinhaltet wie gesagt eine Vorentscheidung welche Populationen in die Datenbank aufgenommen werden sollen, und wessen DNA für diese Populationen als repräsentativ gilt. Zum Beispiel: wenn eine Datenbank die DNA von 100 “serbischen” Personen sammeln möchte, wer kommt dafür in Frage? Wer ist „serbisch genug“, um diese Kategorie zu repräsentieren? Eine Publikation schaute sich die “genetische Geschichte des Balkans” an [5]. Darin wurde zum Beispiel die “serbische” Herkunft folgendermaßen definiert:

  1. Person beschreibt sich selbst als serbisch und lebt im Territorium des ehemaligen Jugoslawiens wo sie (als Person oder Familie) auch historisch lebte

  2. Person spricht serbo-kroatisch 

  3. Person gehört zu Familien welche heutzutage oder ehemals christlich-orthodoxen Glaubens sind/waren

  4. Person kennt den Schutzpatron der eigenen Familie, was ein kulturelle Praxis der serbischen identität ist

Hier wird deutlich, dass die Forschenden (potentiell auch in Zusammenarbeit mit den Menschen die sich an der Studie Beteiligen selbst) eine Definition aufgestellt haben. Es ist theoretisch möglich, dass eine andere Studie die “serbische Herkunft” anders definiert hätte, somit andere Menschen für die Studie ausgesucht hätte, und somit sogar auch andere Ergebnisse gekommen wäre. 

Eine Menschengruppe welche häufig nicht als repräsentativ für eine bestimmte Kategorie gilt sind Menschen die laut Forschung als admixed gelten [6]. Die Personen haben unterschiedliche “Herkunftsanteile” - zum Beispiel eine serbische Mutter und einen chinesischen Vater. Als gäbe es zwei fixe “Legosteine” aus welchen diese Person besteht. Warum ausgerechnet serbisch und chinesisch dann die unveränderlichen “reinen” Legosteine darstellen ist, wie oben besprochen, eine Entscheidungssache welche Kategorien als informativ angesehen werden. Doch die Idee einer “reinen” Herkunftskategorie ist eine zu vereinfachte Darstellung, besonders da ja eben durch genetische Studien auch ermittelt werden kann, aus welchen historischen Populationen sich heutzutage relevante Populationen ergeben haben [7]. Das ist auch eine Art von admixture von vorher angeblich “isolierten” Populationen, nur halt weiter in der Vergangenheit. Dennoch ist nicht die Frage geklärt, ob es überhaupt rechtens ist, menschliche genetische Vielfalt in Kategorien einzuteilen. 

Quellen:

[5] Iñigo Olalde, Pablo Carrión, Ilija Mikić, Nadin Rohland, Swapan Mallick, Iosif Lazaridis, Matthew Mah, Miomir Korać, Snežana Golubović, Sofija Petković, Nataša Miladinović-Radmilović, Dragana Vulović, Timka Alihodžić, Abigail Ash, Miriam Baeta, Juraj Bartík, Željka Bedić, Maja Bilić, Clive Bonsall, Maja Bunčić, Domagoj Bužanić, Mario Carić, Lea Čataj, Mirna Cvetko, Ivan Drnić, Anita Dugonjić, Ana Đukić, Ksenija Đukić, Zdeněk Farkaš, Pavol Jelínek, Marija Jovanovic, Iva Kaić, Hrvoje Kalafatić, Marijana Krmpotić, Siniša Krznar, Tino Leleković, Marian M. de Pancorbo, Vinka Matijević, Branka Milošević Zakić, Anna J. Osterholtz, Julianne M. Paige, Dinko Tresić Pavičić, Zrinka Premužić, Petra Rajić Šikanjić, Anita Rapan Papeša, Lujana Paraman, Mirjana Sanader, Ivana Radovanović, Mirjana Roksandic, Alena Šefčáková, Sofia Stefanović, Maria Teschler-Nicola, Domagoj Tončinić, Brina Zagorc, Kim Callan, Francesca Candilio, Olivia Cheronet, Daniel Fernandes, Aisling Kearns, Ann Marie Lawson, Kirsten Mandl, Anna Wagner, Fatma Zalzala, Anna Zettl, Željko Tomanović, Dušan Keckarević, Mario Novak, Kyle Harper, Michael McCormick, Ron Pinhasi, Miodrag Grbić, Carles Lalueza-Fox, David Reich,

A genetic history of the Balkans from Roman frontier to Slavic migrations, Cell, Volume 186, Issue 25, 2023, Pages 5472-5485.e9, ISSN 0092-8674, https://doi.org/10.1016/j.cell.2023.10.018.

[6] Korunes, K. L., & Goldberg, A. (2021). Human genetic admixture. PLoS genetics, 17(3), e1009374. https://doi.org/10.1371/journal.pgen.1009374

[7] Patterson, N., Moorjani, P., Luo, Y., Mallick, S., Rohland, N., Zhan, Y., Genschoreck, T., Webster, T., & Reich, D. (2012). Ancient admixture in human history. Genetics, 192(3), 1065–1093. https://doi.org/10.1534/genetics.112.145037