Forschung
Entwicklung eines Testinstruments zur Erfassung prozeduraler und epistemischer Facetten naturwissenschaftlichen Denkens
In den Naturwissenschaften wird der Begriff scientific reasoning bis heute nicht einheitlich definiert und oft als wissenschaftliches Denken, Schlussfolgern oder Problemlösen aufgefasst. Aktuell wird eine weitergehende Ausdifferenzierung des Konstrukts scientific reasoning in unterschiedliche styles of scientific reasoning (Kind & Osborne, 2017) diskutiert,die jeweils spezifische prozedurale und epistemische Facette aufweisen.
In dem Projekt wird ein Multiple-Choice-Testinstrument entwickelt, um diese Ausdifferenzierung empirisch überprüfen zu können. Dazu werden literaturbasiert Kriterien zu den einzelnen styles of scientific reasoning erarbeitet und darauf aufbauend offene Fragen zur prozeduralen und epistemischen Facette jedes styles entwickelt. Die schriftlichen Antworten auf die offenen Fragen zu den untersuchten styles (Experimentieren, Modellieren, Kategorisieren & Klassifizieren, probabilistisches Schlussfolgern und historisch-evolutionäres Schlussfolgern) dienen als Grundlage für die Entwicklung eines Multiple-Choice-Testinstruments. Die Validität der angestrebten Testwertinterpretationen als Indikator für Kompetenzen des naturwissenschaftlichen Denkens von Lehramtsstudierenden wird evaluiert.
Kind, P. & Osborne, J. (2017). Styles of Scientific Reasoning: A Cultural Rationale for Science Education? Science Education 101, 8-31.
Analyse von biologie-spezifischen nature of science-Merkmalen im Biologiecurriculum (Bio-NOS)
Gefördert durch: Deutsche Forschungsgemeinschaft (Projektnummer 423393239)
Projektleitung: Dr. Bianca Reinisch
Mitarbeit: Kristina Fricke
Schulbücher sind Vermittler zwischen dem intendierten (z.B. Rahmenlehrpläne), dem implementierten (z.B. Unterricht) und dem erreichten Curriculum (z.B. Kompetenzen von Schüler*innen) und stehen im Fokus bei der Analyse von Einflüssen auf das zu erreichende Curriculum. Die Ausbildung eines Verständnisses über nature of science (NOS) trägt zur naturwissenschaftlichen Grundbildung bei, was dem intendierten Curriculum entspricht. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass das NOS-Verständnis von Schüler*innen (erreichtes Curriculum) nicht ausreichend ausgeprägt ist. In Schulbüchern konnte ebenfalls eine fachlich inadäquate Darstellung von NOS-Inhalten festgestellt werden (potentiell implementiertes Curriculum). Gleichzeitig wird die in den Studien zumeist zugrunde gelegte, disziplinübergreifende NOS-Konzeptualisierung als undifferenziert und fachlich inadäquat bezeichnet. Eine alternative, disziplinspezifische NOS-Konzeptualisierung liegt theoretisch begründet durch den family resemblance approach (FRA) vor. Bislang steht eine systematische, empirische Prüfung des FRA aus. Ziel des Projekts ist die Identifikation und Ausdifferenzierung einer NOS-Konzeptualisierung, die sowohl disziplinübergreifende als auch biologiespezifische NOS-Kategorien beschreibt. Das Projekt leistet somit einen Beitrag zur Erweiterung des derzeitigen NOS-Kenntnisstands für den naturwissenschaftsdidaktischen Bereich.
Es werden Biologieschulbücher digitalisiert und einer softwaregestützten Analyse zugänglich gemacht. In Vorarbeiten wurde ein Kategoriensystem des FRA generiert, das als Grundlage für die Analyse dient. Gleichzeitig werden durch ein induktives Kodierverfahren die Kategorien ggf. ergänzt. Zur Differenzierung in disziplinübergreifende und biologiespezifische NOS-Inhalte werden anschließend Expert*innen (N=33) der Biologie, Chemie, Physik und Wissenschaftstheorie mittels eines Interviewleitfadens zur Einschätzung der Subkategorien befragt. Dissonanzen unter den Expert*innen werden im Rahmen einer kommunikativen Validierung an diese zurückgegeben und um Kommentierung gebeten. Das Ergebnis der Studien ist die Herausstellung von disziplinübergreifenden und biologiespezifischen NOS-Kategorien, die im potentiell implementierten Biologiecurriculum existieren.
Validierungsstudie zum wissenschaftlichen Denken im naturwissenschaftlichen Studium (ValiDiS)
Gefördert durch: Bundesministerium für Bildung und Forschung (Förderkennzeichen 01PK15004A)
Projektleitung: Prof. Dr. Dirk Krüger
Im Projekt ValiDiS wird die Validität der Testwertinterpretationen eines im Vorgängerprojekt Ko-WADiS entwickelten schriftlichen Instruments zur Erfassung des wissenschaftlichen Denkens vertieft untersucht. In ValiDiS wird der in Ko‑WADiS begonnene Längsschnitt fortgeführt, um die Sensitivität des Instruments für theoriebasiert vorhergesagte Gruppenunterschiede und die Bedeutung von Kovariaten bei der Kompetenzentwicklung zu untersuchen. Zudem soll geprüft werden, inwiefern sich mit Hilfe des Ko-WADiS-Tests Vorhersagen der Performanz in realen naturwissenschaftlichen Problemlösesituationen bei Studierenden ableiten lassen, ebenso wie das Instrument Hinweise zur Effektivität von experimentell angelegten Interventionen zur Förderung von Kompetenzen des wissenschaftlichen Denkens liefern soll.
Projektbezogene Publikationen
Hartmann, S., Upmeier zu Belzen, A., Krüger, D., & Pant, H. (2015). Scientific reasoning in higher education. Zeitschrift für Psychologie, 223, 47–53.
Mathesius, S., Krell, M., Upmeier zu Belzen, A., & Krüger, D. (2019). Überprüfung eines Tests zum wissenschaftlichen Denken unter Berücksichtigung des Validitätskriteriums relations-to-other-variables. Zeitschrift für Pädagogik, 65, 492–510.
„K2Teach – Know how to teach‟: Entwicklung und Evaluation eines videobasierten Lernformats für die zweite Phase der Lehrkräftebildung zur Entwicklung von Planungs- und Wahrnehmungskompetenzen
Gefördert durch: Bundesministerium für Bildung und Forschung (Förderkennzeichen 01JA1802)
Gesamt-Projektleitung „K2Teach“: Prof. Dr. Volkhard Nordmeier
Teil-Projektleitung „Videoportal“: Prof. Dr. Felicitas Thiel
Projektbetreuung: Prof. Dr. Dirk Krüger
Das Projekt „K2Teach‟ wird im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung‟ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Ziel im hier bearbeiteten Projekt ist es, in Kooperation mit der zweiten Phase der Lehrkräftebildung ein neues videobasiertes Lernformat speziell für Lehramtsanwärter*innen zu entwickeln und im FOCUS-Videoportal der Freien Universität zu erproben.
Ausgehend von empirischen Befunden, denen zufolge das Handeln von Lehrkräften einen der wirkungsstärksten Einflussfaktoren auf Lernprozesse darstellt, dient das fachdidaktische Wissen als Teil der professionellen Kompetenzen von Lehrkräften als konzeptioneller Rahmen für dieses Forschungsvorhaben. Daher wird das biologiedidaktische Wissen auf der Grundlage einer theoriebasierten Modellierung operationalisiert und mithilfe eines zu diesem Zweck entwickelten Kategoriensystems analysiert.
Jeweils vier Lehramtsanwärter*innen eines Biologie-Fachseminars im Land Berlin bilden einen Videozirkel. Sie planen individuell für eine ihrer Lerngruppen eine Unterrichtsstunde unter besonderer Berücksichtigung der Alltagsvorstellungen der Lernenden, lassen sich im Unterricht videographieren und wählen drei Ausschnitte aus, die ihnen in Bezug auf den didaktischen Schwerpunkt relevant erscheinen. Im Anschluss diskutieren und analysieren die vier Lehramtsanwärter*innen ihre Clips und geben sich gegenseitig Feedback. Die schriftlichen Unterrichtsplanungen, Selbstreflexionen im Anschluss an die videographierte Unterrichtsstunde sowie der Diskussionsprozess innerhalb des Videozirkels werden Gegenstand der Analyse sein. Die Effekte der Videozirkel auf die Unterrichtspraxis sowie die Potentiale einer Implementierung dieses Lernformats in die zweite Phase der Lehrkräftebildung werden evaluiert.
Eine zeitgemäße fachspezifische Konzeptualisierung des biologiedidaktischen Wissens
Sophie-Luise Müller, Daniela Mahler
Das professionelle Handeln als Lehrkraft und damit die Voraussetzung für guten Unterricht basiert auf einer zugrundeliegenden professionellen Kompetenz (Baumert & Kunter, 2006). Als ein Kernaspekt dieser professionellen Kompetenz teilt sich das Professionswissen auf verschiedene Wissensbereiche auf. Zentrale Rollen nehmen dabei das pedagogical knowledge (PK) und die inhaltsbezogenen Bereiche des content knowledge (CK) und pedagogical content knowledge (PCK) ein, welches im deutschen Sprachraum auch fachdidaktisches Wissen genannt wird. Neben dem Professionswissen bilden auch motivationale Orientierungen, die Fähigkeit zur Selbstregulation und Überzeugungen der Lehrkräfte weitere Aspekte der professionellen Kompetenz.
Das Projekt beschäftigt sich mit dem biologiedidaktischen Wissen (PCK), welches Biologielehrkräfte zu Expert*innen ihres Faches macht. Empirische Befunde deuten darauf hin, dass insbesondere dieses Wissen bedeutsam für die Unterrichtsqualität sowie den Lernerfolg von Schüler*innen ist (z. B. Mahler et al., 2017). Allerdings fehlt bisher eine Ausschärfung für das Fach Biologie. Was zeichnet explizit das biologiedidaktische Wissen aus? Was unterscheidet es von dem fachdidaktischen Wissen anderer Fächer? Welche Konsequenzen hat das für die Messung und vor allem für die Entwicklung und Förderung von biologiedidaktischem Wissen? Welche Rolle spielen der vermehrte Einsatz digitaler Medien und Unterricht sowie aktuelle biologische Forschung für die Konzeptualisierung dieses Konstrukts? Diesen Fragestellungen soll zunächst im Rahmen eines systematischen Literaturreviews sowie einer Delphi-Befragung nachgegangen werden. Die Ergebnisse sollen dann in Folgeuntersuchungen empirisch gestützt werden.