Entspannt und zugewandt
Am Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie wurde der Preis für gute Lehre 2021 verliehen
Langsam füllt sich der Veranstaltungsraum in Webex. Die Pharmaziestudentin Vy Ho Hieu Nguyen begrüßt das Publikum und fordert dazu auf, den Beifall-Button später fleißig zu nutzen. Im Sommersemester 2021 findet die Verleihung der Preise für gute Lehre am Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie online statt – und zwar absolut routiniert: lückenlose Übergaben bei der Moderation, nichts flimmert, rauscht oder wackelt, niemand fragt, ob er auch gut zu verstehen sei, Applaus gibt’s per Emoji. Das haben wir nun wirklich gelernt – nach fast drei digitalen Semestern!
Weil Lehre in der Pandemie eine besondere Herausforderung ist, vergeben die Fachschaftsinitiativen dieses Jahr zusätzlich in jedem Fach den Preis für digitale Lehre. Auch diese Auszeichnung ist – ebenso wie der normale Preis – jeweils mit 1.000 Euro Preisgeld dotiert. Als Trophäe gibt’s eine goldene Floppy-Disk auf lila Hintergrund im Rahmen dazu.
Der Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie stiftet die Preisgelder, nimmt aber keinerlei Einfluss auf das Ergebnis. Alle Studierenden können Lehrende ihres Fachs für den Preis vorschlagen. Dazu organisieren die Fachschaftsinitiativen (FSI) eine Umfrage. Nominiert werden können Professor*innen ebenso wie wissenschaftliche Mitarbeiter*innen oder Tutor*innen. In der Fachschaft werden die Ergebnisse diskutiert, dann wird eine Entscheidung getroffen.
Digitale Lehre - Biologie
Die Auszeichnung für digitale Lehre in der Biologie geht an Dr. Vladimir Jovanović und Dr. Vladimir Bajić, die das Praktikum in Humanbiologie leiten. „Obwohl die Veranstaltung online stattfand, war sie nie langweilig“, lobt Laudator Joram. „Mit Diskussion, Interaktion und der Arbeit in Kleingruppen wurden wir alle abgeholt und optimal auf die Prüfung vorbereitet.“ Sympathisch, geduldig, immer freundlich und zugewandt – diese Stichworte fallen hier zum ersten, aber nicht zum letzten Mal an diesem Abend: Sie beschreiben offensichtlich eine Grundzutat für gute Lehre aller Art.
Digitale Lehre - Biochemie
Den Digitalpreis der Biochemie erhält der Tutor Leon Kersting. Er müsse jetzt tapfer bleiben, rät seine Laudatorin Elena, denn sie werde nun lauter gute Dinge über ihn sagen. Sie lobt seinen infektiösen Enthusiasmus, der die Studierenden zusammen mit einer guten Struktur auch durch schwierige Module getragen habe. Dabei zeige er stets Verständnis und Mitgefühl für die Probleme der Studierenden, seien diese nun durch den Lernstoff oder durch die Pandemie bedingt gewesen: „Danke für deine Hingabe, Leon!“ Der Preisträger ist sichtlich gerührt und freut sich schon darauf, hoffentlich bald wieder in Präsenz zu unterrichten. „Aber bis dahin bekommen wir das auch so hin“, verspricht er.
Digitale Lehre - Chemie
Die Studierenden der Chemie schwärmen für die Lehre von Dr. Günther Thiele. Schon 2019 wurde er mit einem Preis bedacht, jetzt ist er wieder dran (Spoiler: sogar zwei Mal!). Seine Lehrveranstaltungen seien ein Erlebnis mit Kommunikation auf Augenhöhe, sagen die Laudatorinnen Irina und Natalja. „Er lockert die Vorlesung stets mit einem Quiz auf, findet gute Analogien für komplizierte Vorgänge, hat umfassende Antworten auf alle Fragen und vermittelt den Stoff sehr abwechslungsreich.“ Seine anschaulichen 3D-Modelle von Kristallstrukturen habe er in die digitale Welt übersetzt, auch sein Augmented Reality-Projekt funktioniere inzwischen online. Letztlich sei zwar alles geglückt, antwortet Günther Thiele. „Aber der Weg war nicht immer frei von Pannen. Ich möchte mich bei den Studierenden ausdrücklich für die Geduld bedanken!“
Digitale Lehre - Pharmazie
„Über wen wird da eigentlich gesprochen?“, diese Frage hat sich Dr. Ursula Brümmer nach eigener Auskunft während der Laudatio zum Preis der Pharmazie gestellt. „Ich konnte erst nicht glauben, dass ich gemeint war“, sagt die Pharmazeutin. „Ich halte mich selbst nicht für besonders digital begabt.“ Doch aus Sicht vieler Studierender habe sie entscheidend dazu beigetragen, dass der Start ins Pharmaziestudium trotz widriger Umstände geglückt sei, so der Laudator. Sie richtete einen digitalen Raum für Nachfragen und Skripte ein, organisierte ein Praktikum unter Pandemiebedingungen und kannte am Ende alle Teilnehmenden mit Namen. „Das haben wir als persönliche Wertschätzung empfunden.“ „Man wächst mit seinen Aufgaben“, antwortet die Preisträgerin. „Aber nur dann, wenn man auch Feedback bekommt!“ Trotz aller Schwierigkeiten möge sie die Zeit nicht missen, denn es sei ein besonderer Zusammenhalt entstanden.
Preis für gute Lehre - Biologie
Gute Organisation, gute Struktur – so beschreibt Laudatorin Sina die Lehre der Ökologieprofessorin Britta Tietjen, die den Preis für gute Lehre der Biologie erhält. Doch das Entscheidende: Auch Menschen mit ausgeprägter Angst vor Statistik kommen bei ihr klar. Das liege neben der Struktur vor allem an ihrer persönlichen Note: freundlich, respektvoll, vertrauensvoll, auf Augenhöhe. Banale Fragen würden ebenso ausführlich beantwortet wie solche, die weit über den Stoff hinausgehen. Ihre digitalen Diskussionsforen und Extra-Sprechstunden hätten geholfen, trotz Pandemie die Module zu bewältigen.
„Ich freue mich wahnsinnig und bedanke mich für die Wertschätzung“, sagt Britta Tietjen. Ihr läge die Vermittlung von Methodenwissen nun mal am Herzen, weil die Studierenden dann später damit arbeiten könnten. „Niemand entscheidet sich für Biologie, um Statistik zu lernen“, weiß die Professorin. Daher freue sie sich besonders, wenn es ihr und ihren Tutorinnen und Tutoren gelänge, einige trotzdem dafür zu begeistern.
Preis für gute Lehre - Biochemie
Paul Wulf, Tutor der Biochemie, ist der Held in der Laudatio von Lucie. „Vor dem Blockpraktikum über Nucleinsäuren war ich sehr nervös. Ich hatte gehört, dass man in diesen Wochen nichts außer schlafen, essen und lernen machen kann“, erzählt die Studentin. „Als Paul uns lächelnd und lässig begrüßte, wusste ich, dass es so schlimm nicht werden kann.“ Er vermittle Wissen entspannt und leicht verständlich, nehme sich Zeit für die immer gleichen Fragen und habe ein gutes Gespür für die Wissenslücken seiner Schützlinge. „Wir machen das Praktikum als Team“, protestiert Paul verlegen. Er gebe den Dank an die anderen Tutorinnen, Tutoren und Mitlehrenden weiter. Und ebenso an die Studierenden, die eine durch die Pandemie veränderte Situation angenommen und trotzdem mitgearbeitet hätten.
Preis für gute Lehre - Chemie
Dann ist wieder die Chemie dran – und wieder Dr. Günther Thiele. „Wissen kann man auch in Bücher nachlesen“, sagen Irina und Natalja in ihrer Laudatio. Lehre bei ihm sei dagegen fantastisch gelungene Kommunikation. Für die Verwendung seines nächsten Preisgelds hat der Chemiker auch schon eine Idee: In seiner Arbeitsgruppe stehe seit Kurzem ein 3D-Drucker, der die Kreativität der Kolleg*innen unglaublich beflügele. „Nun kaufen wir mehr Material, damit auch Studierende damit arbeiten können.“
Preis für gute Lehre - Pharmazie
Geocaching rund um Arzneimittelpflanzen im Botanischen Garten und eine digitale Spielwiese der Pharmazeutischen Biologie – unter anderem damit hat sich Dr. Stefan Böttger den Preis für gute Lehre in der Pharmazie erobert. Er sei jedoch sicher, dass viele seiner Kolleg*innen die Auszeichnung ebenso verdient hätten, sagt der Dozent, denn: „Es bereitet uns einfach Freude, Sie auf Ihren Beruf vorzubereiten.“ Und ihm mache es besonderen Spaß, dabei auch neue Methoden auszuprobieren.
Der Ehrenpreis 2021 - Biochemie
Zwei wie Pech und Schwefel, man trifft sie fast immer zusammen. Wenn ihr Biochemie studiert, wisst ihr genau, von wem ich rede“, so beginnt die Laudatio von Aline für den letzten Preis des Abends – ein Ehrenpreis für Verdienste in der Lehre der Biochemie. Die Auszeichnung geht an Dr. Jens Fürste und Dr. Chris Weise, die nach vielen Jahren an der Freien Universität in den Ruhestand gehen. „Wir konnten stets sicher sein, dass Sie die Interessen von uns Studierenden bestens vertreten – fachlich wie menschlich. Dafür möchte ich Ihnen im Namen aller Studieren herzlich danken“, sagt die Studentin. Es beschleiche sie zwar ein mulmiges Gefühl beim Gedanken an eine Biochemie ohne Jens Fürste und Chris Weise, sie wünsche beiden dennoch das Beste für den Ruhestand.
Chris Weise antwortet auf dem Urlaub in Dänemark, mit Vogelgezwitscher und Hundegebell im Hintergrund: Das Wort Ehrenpreis stimme ihn etwas nachdenklich. „Das kommt mir vor wie der Zusatzbär für Romy Schneiders Lebenswerk bei der Berlinale.“ Darauf folge unweigerlich der Gedanke: Das soll es jetzt gewesen sein? Die Antwort gibt er selbst: „Ja, das war’s! Ich hatte 88 Semester lang die Gelegenheit, den Studiengang Biochemie an der Freien Universität mitzuerleben und zu gestalten, als Studierender, Tutor und Lehrender.“ Jetzt übernähmen Jüngere, und das sei kein Grund für ein mulmiges Gefühl. „Ich hoffe, dass wir den Enthusiasmus für die Lehre entfachen konnten und dass es damit weitergeht.“