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Fluorchemie

Flüssiges Fluor bei -196 °C

Flüssiges Fluor bei -196 °C

Unsere Arbeitsgruppe interessiert sich für die Darstellung und Untersuchung von neuartigen fluorierten Verbindungen. Von besonderem Interesse ist dabei die Untersuchung von ungewöhnlichen und neuartigen Oxidationsstufen. Da diese Verbindungen für gewöhnlich an der Grenze zur Stabilität liegen, werden diese z. B. in Tieftemperaturedelgasmatrizen abgefangen und charakterisiert. Diese auch als Matrixisolationsspektroskopie bekannte Methode führte in Kombination mit der präparativen Fluorchemie sowie mit quantenchemischen Berechnungen zur Entdeckung von zahlreichen neuen Oxidationsstufen wie z. B. HgIV oder IrVIII oder Verbindungen wie FeF4, OHgF oder HUF.

Supersäuren

Die Chemie der stärksten Säuren ist eng mit der Fluorchemie verknüpft. So basieren die meisten starken Lewis- und Brønsted-Säuren auf fluorierten Verbindungen. Kürzlich haben wir die sehr starken Säuren H[Al(OTeF5)4] und Al(OTeF5)3 vorgestellt. Dabei verwenden wir die Pentafluoro-orthotellurat-Gruppe (OTeF5), welche auch als Teflat bezeichnet wird. Sie zeigt eine sehr ähnliche Elektronegativität wie Fluor, ist aber wesentlich größer. Strukturell konnten wir mit den bereits oben erwähnten Supersäuren durch Protonierung von Aromaten gebildete Arenium-Salze charakterisieren. Diese Säuren haben gegenüber den klassischen Systemen wie HF/SbF5 oder HSO3CF3/SbF5 die Vorteile eines deutlich geringeren Oxidationsvermögens und des Fehlens eines leicht verfügbaren Fluorids, welches mit den protonierten und damit aktivierten Substraten ungewollte Folgereaktionen eingehen könnte. Aufgrund dieser Eigenschaften kann mit diesen Säuren auch die selektive Protonierung von schwachen Basen in niedrigen Oxidationsstufen und basierend auf fluorophilen Elementen gelingen. So konnten wir kürzlich auch weißen Phosphor protonieren.

Metallfluoride

Goldfluoride sind im Vergleich zu den anderen Goldhalogeniden sehr empfindliche Substanzen und nur unter inerten Bedingungen stabil. Sie sind überaus starke Oxidationsmittel in Form der starken Lewis-Säuren AuF3 und AuF5 und auch als die anionischen Salze Cs[AuF4] und Cs[Au2F7] noch sehr reaktiv. Die in unserem Arbeitskreis entwickelte Synthese der besser löslichen Vertreter [NMe4][AuF4] und [NEt4][AuF4] ermöglicht ihre Anwendung in organischen Lösungsmitteln. Dies erlaubt eine weitere Synthese von neuartigen Fluoridoorganogold(III)-Komplexen. Bei Komplexen der Art [AuF3(L)] ist das trans-Fluoratom durch den trans-Effekt des Liganden schwächer gebunden als die anderen beiden, was wir anhand der Au‑F‑Bindungsabstände in der Struktur von [AuF3(SIMes)] belegen konnten. Durch eine selektive Substitution können somit Verbindungen der Art [AuF2X(SIMes)] erhalten werden mit X = Cl, OTeF5 etc.

Perfluorierte Peroxide

Peroxide sind eine wichtige Verbindungsklasse in der organischen und anorganischen Chemie, die verschiedene Anwendungen in der chemischen Industrie haben. Sie sind nützliche Oxidationsmittel oder Radikalstarter für Polymerisationen und spielen eine wichtige Rolle in der Atmosphärenchemie, wie beispielsweise beim Ozonabbau. Perfluorierte Dialkylperoxide RFOORF können in der Synthese als direkte Quelle für RFO‑Radikale verwendet werden.

Eine Synthese von Bis(trifluormethyl)peroxid aus Carbonyldifluorid und elementarem Fluor wurde bereits 1957 von Cady et al. beschrieben. In unserem Arbeitskreis haben wir ein kontinuierliches Verfahren entwickelt, um diese Verbindung in größeren Mengen herzustellen. Derzeit beschäftigen wir uns mit der photochemischen Aktivierung und anschließenden Übertragung der CF3O-Gruppe auf organische Substrate. Über weitere perfluorierte Peroxide ist nur sehr wenig bekannt.  Entsprechend hat unser Arbeitskreis eine metallkatalysierte und photochemische Synthese entwickelt, um die Chemie dieser Verbindungsklasse weiter zu entwickeln. Diese Peroxide haben vielversprechende Eigenschaften. Im Gegensatz zu herkömmlichen organischen Peroxiden sind die perfluorierten Peroxide, soweit von uns untersucht, nicht explosiv und eigenen sich somit für zahlreiche Anwendungen.

Weitere Themengebiete

Darüberhinaus arbeitet unsere Gruppe an der Entwicklung von Treibhausgasersatzstoffen, neuartigen Batteriematerialien, sowie an Fluorspeicherquellen und neuartigen Fluorierungs- bzw. Oxidationsmitteln.

Weiterführende Literatur: