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Wie gewährleistet man den vollständigen Phasenübertritt?

Es hängt alles vom Verteilungsgleichgewicht ab.

Davon, dass kräftig geschüttelt werden muss, ist an anderer Stelle die Rede. Wichtig ist, dass das Ausschütteln effektiver ist, wenn man mehrmals mit kleinen Portionen wäscht als ein Mal mit der Gesamtmenge. Dazu die folgende Beispielrechnung:

Nehmen Sie an, ein Stoff sei aus einer wässrigen Lösung in eine etherische Phase auszuschütteln. Der Stoff möge sich im Ether doppelt so gut lösen, wie in Wasser (NERNSTsche Verteilung: 1 : 2). Die Ausgangslage sei die, dass sich 16 g des Stoffes in 100 ml der wässrigen Phase befinden und zum Ausschütteln 150 ml Ether bereitstünden.

Einmaliges Schütteln:
Werden die 100 ml der wässrigen Phase mit 150 ml Ether ausgeschüttelt, so wäre die Produktverteilung bei gleicher Löslichkeit in beiden Phasen analog den Volumina, also 100 : 150, was dasselbe ist wie 2 : 3. Da die Löslichkeit im Ether aber doppelt so groß ist, ist das Verhältnis nicht 2 : 3 sondern 2 : 6. 2/8 von den 16 g der Substanz befinden sich nach dem Schütteln also noch in der wässrigen Phase, wohingegen 6/8 der 16 g sich jetzt in der etherischen Phase befinden. Macht also 4 g in der wässrigen und 12 g in der etherischen Phase.

Mehrmaliges Schütteln:
Es wird drei Mal mit je 50 ml Ether ausgeschüttelt. Bei gleicher Löslichkeit in beiden Phasen ergäbe sich aus den Volumina der Phasen ein Verhältnis von 100 : 50 oder gekürzt 2 : 1. Wegen der doppelt so guten Löslichkeit in Ether ändert sich das Verhältnis auf 2 : 2, was gekürzt 1 : 1 entspricht. Jeder Schüttelvorgang extrahiert also jeweils die Hälfte der in der in der wässrigen Phase noch vorhandenen Substanz. Nach dem ersten Schütteln sind also je 8 g in der wässrigen und in der organischen Phase. Beim zweiten Schüttelvorgang werden von den verbliebenen 8 g weitere 4 g extrahiert, beim dritten Mal von den dann noch vorhandenen 4 g nochmals 2 g. Aus der wässrigen Phase wurden also extrahiert: 8 g + 4 g + 2 g = 14 g

Das mehrmalige Ausschütteln bringt in diesem Fall also ganze 2 g mehr Ausbeute - oder anders herum ausgedrückt: Wenn man pfuscht und nur ein Mal schüttelt, verliert man in diesem Fall etwa 15 % Ausbeute!

Die Zahlen sind nur Beispiele. Auch bei anderen Löslichkeiten ergibt das mehrfache Ausschütteln immer einen Vorteil. Natürlich wäre der Erfolg auf den ersten Blick noch besser gewesen, wenn man 3 Mal mit 150 ml ausgeschüttelt hätte. Ob eine solche 'Materialschlacht' allerdings sinnvoll ist, ist fraglich. Schließlich müssen Sie hinterher das Lösemittel in der Regel ja auch wieder entfernen, was bei großen Mengen natürlich länger dauert. Stattdessen ein viertes Mal mit wenig Lösemittel waschen, braucht kaum mehr Zeit, schont aber die Ressourcen.

Die Beispielrechnung zeigt, dass leider sich auch nach mehrfachem Ausschütteln immer noch ein Rest an Substanz in der 'falschen' Phase befindet. In der Praxis ist das in der Regel weniger als in der Beispielrechnung (2/16), weil die Löslichkeitsverteilung im allgemeinen eindeutiger als in der Beispielrechnung ist, also z.B. 20 : 1. Beachten Sie, dass alle diese Überlegungen mächtig durcheinanderkommen können, wenn die Lösungen nicht verdünnt, sondern stark konzentriert sind und dadurch Löslichkeitsgrenzen erreicht werden.

Test auf Vollständigkeit des Ausschüttelns

Manchmal handelt es sich um ein ganz einfaches Problem. Es kommt z.B. häufig vor, dass Sie eine organische Lösung 'neutral waschen' sollen. Das bedeutet, dass Sie so oft mit Wasser waschen sollen, bis die vorhandene Säure oder Base ausgewaschen ist. Oft werden dazu beim ersten Waschvorgang neutralisierende Salze zugesetzt, um die Zahl der notwendigen Waschvorgänge zu verringern. Geprüft wird der Erfolg am einfachsten mit einem pH-Papier. Vergessen Sie nicht, das Papier erst mit Wasser anzufeuchten, bevor Sie es in eine organische Phase tauchen. Das trockene pH-Papier detektiert in organischen Lösemitteln sonst nämlich nichts!

Ist es eine organische Substanz, die die Phase wechseln soll, kann ein Dünnschichtchromatogramm weiterhelfen. Dort, wo nach dem Schütteln keine organische Substanz mehr sein sollte, sollte also im Dünnschichtchromatogramm auch nichts mehr detektierbar sein. Bei den Assistenten ruft es regelmäßig Stirnrunzeln hervor, wenn halt nur 3 Mal geschüttelt wird, weil '3 Mal' in der Vorschrift stand und dann aber die Ängste an die Assistenten herangetragen werden, dass das Ganze möglicherweise nicht geklappt haben könnte. Zugegeben: Es sind auch Fälle denkbar, wo ein Nachweis aufwändig wäre und Sie also mehr 'auf Verdacht' schütteln. Weises Vorgehen in so einem Fall wäre es aber, die vermeintlich uninteressante Phase nicht gleich wegzuwerfen sondern sicherheitshalber aufzuheben, bis feststeht, dass man das Gewünschte in ausreichender Menge erhalten hat.

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