Es fehlen die ökologischen Aspekte
Ich halte nichts davon, immer wieder die Grundpraktika dazu zu missbrauchen, um an ihnen zu vollstrecken, was gerade Zeitgeist ist. Das ökologisch-grüne Grundpraktikum macht wenig Sinn, wenn die vermittelten Prioritäten in den Fortgeschrittenenpraktika und in der Forschung keinen Anschluss finden und - mit Verlaub - dies ja vielleicht auch gar nicht sollen.
Sie können in Ihrem Praktikum das sortenreine Sammeln von Lösemitteln zum Zwecke des Recyclings gewährleisten? Wunderbar! Dann haben Sie das besser im Griff als ich! Mir ist das wegen möglicher Fehlbefüllungen zu heikel und überdies hätte ich Probleme mit den dafür erforderlichen Stellflächen.
Im typischen organisch-chemischen Grundpraktikum hat das Erlernen von Reaktionsmechanismen Priorität. Schon dies fordert den Praktikanten einiges ab. Für ökologische Lernziele bleibt wenig Raum und es ist überdies die Frage, wie weit Laborversuche überhaupt geeignet sind, um an ihnen ökologische Lehrinhalte zu vermitteln. Eine aus Normschliffglasgeräten zusammengesteckte Glasapparatur ist dahingehend optimiert, eine bestimmte Reaktion optimal durchführen zu können aber ganz und gar nicht der Weise, dabei möglichst wenig Energie zu verbrauchen. Sie dennoch daraufhin trimmen zu wollen, mutet fast albern an und wird - mehr noch - zum Ärgernis, wenn dafür sogar anerkannte Sicherheitsstandards, wie die Verwendung eines Heizbades aufgegeben werden sollen.
Es ist nicht so, dass ich ökologische Fragestellungen für die Chemie ablehne. Ich glaube nur, dass an einer wissenschaftlichen Einrichtung für ökologisches Experimentieren kein Raum ist. Zum Beispiel ist die mit dem Chemie-Nobelpreis bedachte Wittig-Reaktion unter ökologischen Aspekten eine Katastrophe! Ökologische Fragestellungen gehören deshalb nach meiner Ansicht in der universitären Ausbildung in eine Vorlesung und nicht in ein auf das wissenschaftliche Arbeiten ausgerichtetes Praktikum.