Springe direkt zu Inhalt

Prof. Dr. Timo Niedermeyer

Fachgebiet: Pharmazeutische Biologie

Prof. Dr. Timo Niedermeyer

Prof. Dr. Timo Niedermeyer
Bildquelle: B. Junker

Was haben Sie in Ihrem Berufsleben bisher gemacht?

Nach dem Pharmaziestudium an der Freien Universität Berlin habe ich in Greifswald in einer kleinen Biotech-Firma (Ganomycin GmbH) und der Uni Greifswald an meiner Promotion gearbeitet. Eigentlich wollte ich danach weiter an der Uni forschen, bin dann aber erst einmal für rund zehn Jahre in der Industrie geblieben. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich „Chemistry, Manufacturing, and Controls“ habe ich bei der Riemser Arzneimittel AG in Greifswald einige Jahre die Qualitätsdokumentationen von Arzneimitteln bearbeitet, Lohnhersteller auditiert und analytische Methoden entwickelt und validiert.

Ich wollte aber unbedingt wieder in die Naturstoffforschung zurück, deshalb bin ich als Leiter der Naturstoffforschung und- entwicklung zur Firma Cyano Biotech GmbH nach Berlin gegangen, um mich dort mit biologisch aktiven Naturstoffen aus Cyanobakterien zu beschäftigen. Ich hatte den Traum von der Forschung an der Uni schon fast aufgegeben, mich aber trotzdem auf eine Juniorprofessur in Tübingen beworben – und war fast überrascht, als ich die Professur angeboten bekam.

Ich habe dann vier Jahre lang an der Uni Tübingen und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung an neuen Antibiotika geforscht, bevor ich eine Professur für Pharmazeutische Biologie am Institut für Pharmazie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg übernommen habe. Dort war ich sechs Jahre tätig, bevor ich im August an die Freie Universität gewechselt bin.

Was reizt Sie an der neuen Stelle?

Die Freie Universität ist eine Universität mit sehr gutem Ruf und vielen guten Wissenschaftler*innen. Zusammen mit all den anderen Institutionen in Berlin und Umgebung bietet die Region ein spannendes wissenschaftliches Umfeld, und ich habe bereits „von früher“ einige Kooperationen mit Kolleg*innen und auch Firmen in Berlin, mit denen es sich nun leichter zusammenarbeitet. Mit neuen Partnern werden sich bestimmt spannende neue Projekte ergeben.

An der Freien Universität stehen mir mehr Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter*innen zur Verfügung als vorher in Halle, so dass wir unsere Forschungsideen leichter verwirklichen können. Last but not least – es ist irgendwie schön, dass ich nun dort forsche und lehre, wo ich selbst studiert habe. Der Kreis hat sich geschlossen…

Was lieben Sie an Ihrem Beruf?

Ich liebe sowohl die Forschung als auch die Lehre. Ich mag das Wort „Naturwissenschaftler“ – mein Beruf ist es, neues Wissen über die Natur zu schaffen. Es ist großartig, Dinge herauszufinden und zu wissen, die noch kein anderer Mensch auf der Welt weiß – und diese Neuigkeiten dann zu erzählen, sich mit anderen Wissenschaftler*innen auf der ganzen Welt auszutauschen. Am besten ist es natürlich, wenn die eigenen Forschungsarbeiten dann auch im „echten Leben“ eine Rolle spielen (siehe unten).

Schön ist auch die Flexibilität – wir können erforschen, was uns interessiert. Ich bin begeistert von der Chemie, die lebende Organismen produzieren, und die auf andere Organismen dann eine eindrucksvolle Wirkung haben kann. Diese Begeisterung versuche ich an unsere Studierenden weiterzugeben. Es macht Spaß, jungen Menschen zu helfen, gute Apotheker*innen zu werden.

Welcher Life Hack oder welche Erkenntnis hat Ihre Lehre beeinflusst?

Es hilft auch in der Lehre, dass ich viel über den pharmazeutischen Tellerrand hinausgeschaut habe: Die in der Industrie gesammelten Erfahrungen helfen mir auf der einen Seite, meine Lehre praxisrelevant zu gestalten, andererseits habe ich bei meiner Tätigkeit im Institut für Mikrobiologie in Tübingen erfahren, wie befruchtend es für Studierende und Lehrende sein kann, wenn Studierende in die Forschung involviert sind. Deshalb sind meine Labortüren offen für Studierende, die sich für unsere Forschung interessieren und die sich in der Forschung ausprobieren möchten.

Welchen Nutzen hat Ihre Forschung?

Provokante Gegenfrage: Muss Forschung immer einen direkt ersichtlichen Nutzen haben? Aber bei unserer Forschung ist es tatsächlich ziemlich einfach, auch einen Nutzen zu sehen: Wir beschäftigen uns mit Naturstoffen, also biologisch aktiven chemischen Substanzen, die von lebenden Organismen wie z.B. Pflanzen, Pilzen, Bakterien oder auch Tieren produziert werden. Wir arbeiten besonders intensiv mit Cyanobakterien („Blaualgen“).

Uns interessiert die Entwicklung von Naturstoffen hin zu Arzneimittel-Wirkstoffen: Rund die Hälfte aller Wirkstoffe in Arzneimitteln sind von Naturstoffen inspiriert. Wir treiben zum Beispiel die Entwicklung einer neuartigen Klasse von nebenwirkungsarmen Wirkstoffen gegen Krebskrankheiten voran. Wir haben hier schon einige erteilte Patente, aber es ist noch viel Forschung nötig, bevor unsere Substanzen hoffentlich irgendwann im Krankenhaus eingesetzt werden können.

Wir interessieren uns auch für Giftstoffe, die von diesen Bakterien gebildet werden, und konnten zum Beispiel vor einiger Zeit die Ursache für ein jahrzehntelang rätselhaftes Massensterben des Weißkopfseeadlers und anderer Tiere in den USA aufklären – es war ein ziemlich spektakuläres neuartiges Cyanobakterien-Gift, zu dessen Bildung wahrscheinlich auch der Mensch beiträgt. Mit diesem Wissen können nun Gewässer besser kontrolliert und der Bildung des Giftstoffes vorgebeugt werden.

Was sollte man über Ihr Privatleben wissen?

Mein erster Berufswunsch, an den ich mich erinnere, war „Kunstpfeifer“, und wenn ich nicht Pharmazie studiert hätte, wäre ich Musiker geworden. Für die Musik habe ich zwischen Arbeit und vier Kindern aktuell leider zu wenig Zeit. Ansonsten bin ich als alter Pfadfinder gerne in der Natur unterwegs.

Welche prägende Erfahrung haben Sie als Kind mit Natur oder Naturwissenschaften gemacht?

Meine Mutter würde jetzt erzählen, dass ich schon als kleines Kind meiner Oma stolz erklärt habe, dass die Blume da hinten im Garten „Schöne Damenblume“ heißt (in Wirklichkeit „Jungfer im Grünen“), und meinte, dass der „Gemeine Erbsenkäfer“ wirklich gemein sei, weil er die Erbsen anbohrt… Ich würde nicht sagen, dass es das eine prägende Erlebnis gab, aber eigentlich habe ich mich schon immer für die verschiedenen Naturwissenschaften interessiert – was auch der Grund war, warum ich am Ende Pharmazie studiert habe: Ich konnte mich nicht für eine Naturwissenschaft entscheiden, und in der Pharmazie lernt man einfach von allem etwas!

Weitere Informationen