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PVC

Keine brauchbare Alternative in Sicht

PVC ist die Abkürzung für Polyvinylchlorid.

Polyvinylchlorid wird vor allem für Kunststofffenster und Abflussrohre verwendet. Die Materialeigenschaften des an sich spröden Materials können durch Additive (z.B. "Weichmacher") in weitem Maße beeinflusst werden, wodurch zum Beispiel extrem dauerhafte Abflussrohre hergestellt werden können, denen weder Licht, Luft noch durch Wasser - oder Salzwasser etwas anhaben können. Das Material ist schwer entflammbar und es ist kostengünstig herstellbar, was auch damit zusammen hängt, dass Chlor eher ein industrielles Abfallprodukt ist und auf diese Weise eine nutzbringende Verwendung erfahren kann.

Wenn PVC allerdings in einen Brandherd gerät, entstehen beträchtliche Mengen Salzsäuregas. Da Verbrennungsprozesse stets sehr komplex und unübersichtlich sind, steht bei der Verbrennung chlorhaltiger Substanzen immer auch die Gefahr im Raum, dass z.B. auch Phosgen (giftig) oder Dioxine (krebserzeugend) entwickelt werden. Alle diese Umstände sollten aber nicht zu sehr erschrecken, denn auch ohne die Gegenwart chlorhaltiger Substanzen sind Brandgase immer giftig, wobei das stets vorhandene Kohlenmonoxid sicher am tückischsten, weil geruchlos ist.

Problematischer ist die Herstellung von PVC: Wie es der Name schon andeutet, entsteht Polyvinylchlorid durch Polymerisation von Vinylchlorid. Vinylchlorid ist ein hochentzündliches Gas, welches leicht auch spontan unter beträchtlicher Wärmeentwicklung polymerisiert, was was bei industrietypischen Mengen zu einem gefährlichen Aufschaukeln der Reaktion führen kann. Es bildet Peroxide, die zur spontanen Zündung neigen, es lädt sich leicht elektrostatisch auf, z.B. wenn man es durch Rohrleitungen leitet, so dass ein Zündfunke entstehen und alles in Brand setzen kann. Es verursacht Leberkrebs und bei chronischer Exposition die von starkem körperlichen Verfall begleitete "Vinylchlorid-Krankheit".

Im Jahr 2009 wurden in Europa insgesamt über 5 Millionen Tonnen PVC hergestellt, für das das Monomer vom Herstellungs- zum Einsatzort verbracht werden musste, was insbesondere auf den Schienenweg geschieht. Das Vinylchlorid wird dazu unter Druck verflüssigt in Kesselwagen transportiert.

Eine Horrorvorstellung?

Polyethylen (z.B. Einkaufstüten) oder Polypropylen (z.B. Konstruktionsbauteile) werden auch aus Monomeren erzeugt, die ebenso gasförmig und ebenso hochentzündlich sind, wobei das Propen darüber hinaus ebenso unter Druck verflüssigt in Kesselwagen durch die Gegend gekarrt wird. Lediglich die toxische Belastung ist bei diesen beiden Monomeren geringer. Die Herstellung von Kunststoffen ist also generell je nach Standpunkt "gefährlich" bis "technisch anspruchsvoll". Einige der beschriebenen Gefahren kann man schon durch sehr einfache konstruktive Maßnahmen in den Griff bekommen. Die elektrostatische Aufladung wird z.B. durch konsequente Erdung aller Rohrleitungen und sonstigen Bauteile, die mit dem Monomer in Berührung kommen zuverlässig abgeleitet. Kesselwagen sind heutzutage konstruktiv so ausgelegt. dass Sie selbst schwere Zugunglücke überstehen, ohne den gefährlichen Inhalt freizusetzen. Das Restrisiko kann man weiter minimieren, z.B. indem man Güterzüge mit solchen Kesselwagen grundsätzlich nicht durch dichtbesiedeltes Gebiet fahren lässt.

Letztlich ist es also nicht die Frage, ob ein technischer Produktionsprozess die Verwendung gefählicher Chemikalien erfordert, sondern, ob man die Gefahren in einer Weise in den Griff bekommt, dass man mit dem Restrisiko leben kann bzw. will. PVC wird seit 1928 großtechnisch hergestellt. Die Menschheit kann also auf eine lange Erfahrung im Umgang mit dem gefährlichen Monomer zurückblicken, was natürlich auch Sicherheitsverbesserungen bis zum heutigen Standard mit einschließt.

Für eine ganzheitliche Betrachtung, was denn nun besser ist, ist wohl vor allem die Situation beim Endverbraucher wichtig:

Der Endverbraucher will ein sicheres Produkt.

Die schwere Entflammbarkeit von PVC ist im Baugewerbe von Vorteil. Zwar kann man leichter entflammbare Kunststoffe mit Flammschutzmittel ausrüsten, doch gasen die leider mit der Zeit aus dem Kunststoff aus und sind gesundheitlich bedenklich. Die Stiftung Warentest hat deshalb Flammschutzmittel so lange geächtet, bis nicht mal mehr Computer- oder Fernsehgehäusehersteller es länger gewagt haben, solche Mittel zu verwenden.

Wenn denn nun aber Vinylchlorid krebserzeugend ist: Ist dann nicht auch PVC krebserzeugend??

NEIN!

Denken Sie an Wasserstoff! Das ist ein hochesxlosibles Gas. Er kann bekanntlich zu Wasser verbrannt werden. Ist Wasser also ebenfalls ein hochexplosibler Stoff??

Na also!

Der Endverbraucher will das technisch beste und preiswerteste Produkt. Polypropylen lässt sich z.B. nur schlecht bekleben oder bedrucken. Schlagzähigkeit, Langzeitstabilität, Verarbeitbarkeit und Reparaturfähigkeit sind weitere Kriterien.

Wer Risiken fürchtet, sollte die Furcht nicht einseitig auf chemische Risiken beschränken. Notorische Sonnenanbeter riskieren den Hautkrebs, Autofahrer den Verkehrstod (2012: 3606 Tote allein in Deutschland) und Raucher ein statistisch um 10 Jahre oder mehr verkürztes Leben. Woran liegt diese einseitige Furcht? Das kommt daher, dass man die alltäglichen Risiken zu kennen glaubt und deshalb meint, solche "vertrauten" Risiken vermeiden zu können. Das unbekannte Risiko wird hingegen gern überschätzt. Das ist zutiefst menschlich, führt aber zu Fehleinschätzungen.

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