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Ausölen

Mit Geduld und der richtigen Technik lösbares Problem

Typisches Szenarium:

beim Abkühlen der in der Siedehitze gesättigten Lösung wird die Lösung milchig trüb und es scheiden sich kleine Öltröpfchen ab, die sich am Kolbenboden zu einem kleinen See sammeln. Beim weiteren Abkühlen erstarrt diese Schmelze irgendwann zu einem festen Brocken. Nun scheiden sich über dem Brocken die eigentlich gewünschten Kristalle ab.

So sieht das Resultat aus:

Ein nicht so schöner brauner "Klops" am Kolbenboden und obendrüber eine Lösung mit den Kristallen, aus denen eigentlich die gesamte Substanz bestehen sollte.

Ursachen und Abhilfe:

  • Ihre Substanz hat einen niedrigen Schmelzpunkt. Ist die Mischung bei der Umkristallisation zu heiß, kann sie nur in flüssiger Form ausfallen. Sie müssen dafür sorgen, dass die Übersättigung der Lösung erst bei Temperaturen unterhalb des Schmelzpunktes auftritt, sie müssen also von der reinen Lehre abweichen und dürfen keine in der Siedehitze gesättigte Lösung herstellen, sondern Sie müssen die Lösung verdünnen. Es ist ganz normal, dass Sie jetzt möglicherweise diverse Male erneut zum Sieden aufheizen, etwas verdünnen und wieder abkühlen lassen müssen, bis Sie endlich Kristalle sehen. Ev. können Sie auch auf ein anderes Lösemittel mit einem niedrigeren Siedepunkt ausweichen.
  • Ihre Substanz enthält viele Komponenten. Mischungen schmelzen tiefer als die reinen Substanzen - es gibt keine Schmelzpunkte sondern Phasengemische mit komplizierten Schmelzbereichen. Es kann dann sein, dass eine Reinigung durch Umkristallisation vollkommen unmöglich wird und Sie erst einmal andere Wege einer Reinigung oder wenigstens einer Vorreinigung finden müssen.
  • Substanzen können mehr oder weniger dazu neigen auszuölen. Manchmal "passt" das Lösemittel auch einfach nicht, obwohl die Vorproben vielleicht vielversprechend waren - und man muss auf ein anderes Lösemittel ausweichen.

Soll man in der oben beschriebenen Situation die überstehenden Kristalle abfiltrieren, um überhaupt erst einmal etwas in der Hand zu haben oder soll man lieber alles noch einmal in Lösung bringen?
Dafür gibt es keine klare Antwort. Zunächst hängt das vor allem davon ab, ob es gelingt, "Klops" und Kristalle sauber voneinander zu trennen. Praktikanten haben oft Angst, dass eine in Lösung gegangene Substanz, die also jetzt "unsichtbar" geworden ist, aus der Lösung möglicherweise nicht wieder herauszuholen ist. Diese Sorge ist unbegründet. Notfalls ließe sich am Rotationsverdampfer jederzeit das Lösemittel binnen Minuten entfernen. Die überstehenden Kristalle abzusaugen ist ein sehr vorsichtiges Vorgehen. Es würde aber bedeuten, dass man durch die weitere Behandlung der Mutterlauge weitere Kristallfraktionen erhält, für die sämtlichst eine separate Analytik (Dünnschicht etc.) erforderlich ist, bevor sie vereinigt werden dürfen.

Es funktioniert also doch! Die ausgeölte Mischung aus dem oberen Bild wurde mit etwas Lösemittel verdünnt und erneut bis zur homogenen Lösung erwärmt. Das Ausölen ist ausgeblieben und stattdessen gibt es nur noch kristallinen Feststoff - und das offenbar nicht mal wenig! Beachten Sie, dass die Kristalle auch hier wieder farblos sind, die Mutterlauge aber gelb!! Die Verunreinigungen, die sich beim ersten Mal in den Klops verkrochen haben, sind jetzt brav in der Mutterlauge verblieben. Deutlicher kann man es nicht machen, dass die Umkristallisation nur dann mit einem Reinigungseffekt verbunden ist, wenn sie richtig durchgeführt wird!

 ...Und wenn es bei mir aber trotz aller Ratschläge immer nur entweder Öl oder gar nichts gibt?
Dann muss man sich trauen, die Theorie, wie man schöne Kristalle erhält, mal beiseite zu schieben und stattdessen mal was "schräges" versuchen.

  • Nach der Theorie sollte die Substanz ja aus der Lösung gleich fest ausfallen. Wenn sie sich aber gerade als Öl abgeschieden hat und das Öl gerade noch flüssig ist hilft es, den Kolben kräftig zu schütteln oder kräftig zu rühren. Wenn man Glück hat, kristallisiert das Öl schlagartig aus.
  • Nach der Theorie erhält man dann besonders schöne Kristalle, wenn die Lösung langsam auskühlt. Erhalten Sie so aber immer wieder nur Öl, dann probieren Sie mal, die Lösung schockartig herunterzukühlen: Nachdem Sie die heiße Lösung präpariert haben, entfernen Sie den Rückflusskühler, verschließen den Kolben mit einem Stopfen so, dass ein kleines Stückchen Papier zwischen die Schlifflächen eingeklemmt ist und schütteln den Kolben tüchtig in einem Eis-/Kochsalzbad.

    Das eingeklemmte Papierstückchen verhindert, dass sich der Stopfen infolge des kondensierenden Lösemitteldampfs im Kolben so festsaugt, dass Sie ihn nie wieder herausbekommen und sich also die Kristalle nur von außen angucken können. Sie sollten also den Papierstreifen nicht vergessen!

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